LiDAR
Definition: LiDAR (Light Detection and Ranging) ist eine Fernerkundungstechnologie, die mittels gepulster Laserstrahlen Entfernungen misst und daraus präzise dreidimensionale Punktwolken erstellt. Die Technologie erfasst Millionen Messpunkte pro Sekunde und generiert hochauflösende 3D-Modelle von Räumen, Gebäuden, Anlagen und Objekten.
Im B2B-Maschinenbau ermöglicht LiDAR: Erfassung bestehender Anlagen für Digital Twins, As-Built-Dokumentation von Produktionsumgebungen, dimensionale Vermessung großer Maschinen, Layoutplanung und Facility-Management, räumliche Daten für AR-Anwendungen.
Genauigkeit: Je nach System 1-10mm, ausreichend für industrielle Anwendungen.
Englisch: LiDAR (Light Detection and Ranging) Deutsch: Laserscanning, 3D-Laservermessung
Funktionsweise
Grundprinzip: Time-of-Flight
LiDAR misst die Laufzeit von Laserpulsen: 1. Laser-Emission: Scanner sendet gepulsten Laserstrahl aus 2. Reflexion: Strahl trifft Objekt/Oberfläche und wird reflektiert 3. Empfang: Scanner empfängt reflektierten Strahl 4. Laufzeitmessung: Zeit zwischen Emission und Empfang wird gemessen 5. Entfernungsberechnung: Entfernung = (Lichtgeschwindigkeit × Laufzeit) / 2
Resultat: Jeder Laserpuls liefert einen 3D-Punkt mit X-, Y-, Z-Koordinaten.
Scanning-Muster
Scanner erfassen Umgebung systematisch: - Rotierendes LiDAR: 360°-Scan, typisch für terrestrisches Scanning - Solid-State LiDAR: Feste Scanner, elektronisch gesteuert (schneller) - Mobile LiDAR: Auf Fahrzeug/Roboter montiert, erfasst während Bewegung
Erfassungsrate: 50.000 - 2.000.000 Punkte pro Sekunde (je nach System).
Punktwolke als Ergebnis
Output ist Punktwolke: Millionen 3D-Punkte, die Oberflächen repräsentieren. Jeder Punkt hat: - Position: X, Y, Z-Koordinaten - Intensität: Reflexionsstärke (Material-Information) - Farbe: Optional via integrierte Kamera (RGB-Werte)
LiDAR-Systeme für B2B-Anwendungen
Terrestrisches LiDAR (Tripod-basiert)
Stationäre Scanner auf Stativ: - Reichweite: 80-350m - Genauigkeit: 1-3mm - Anwendung: Factory Floor Scanning, Anlagendokumentation, Gebäudevermessung - Vorteile: Höchste Genauigkeit, stabil - Nachteile: Langsam (mehrere Scan-Positionen nötig)
Beispielgeräte: Faro Focus, Leica RTC360, Trimble X12
Handheld LiDAR-Scanner
Tragbare Scanner, während Gehen gescannt: - Reichweite: 30-100m - Genauigkeit: 10-30mm - Anwendung: Schnelle Erfassung großer Bereiche, Facility Surveys - Vorteile: Schnell, flexibel, keine Stativ-Setups - Nachteile: Geringere Genauigkeit als terrestrisch
Beispielgeräte: Leica BLK2GO, GeoSLAM ZEB
Mobile LiDAR (Tablet/Smartphone)
LiDAR in Consumer-Geräten: - Reichweite: 5-10m - Genauigkeit: 10-50mm - Anwendung: AR-Anwendungen, Raum-Scanning, Quick Surveys - Vorteile: Gerät immer dabei, keine Extra-Hardware - Nachteile: Niedrige Genauigkeit, kurze Reichweite
Beispiele: iPad Pro LiDAR, iPhone Pro LiDAR (seit 2020)
Drohnen-LiDAR (Aerial)
LiDAR auf Drohnen montiert: - Anwendung: Outdoor-Gelände, Gebäudefassaden, große Industrieareale - Vorteile: Schnelle Erfassung großer Flächen, Luftperspektive - Nachteile: Teuer, regulatorische Einschränkungen
Industrielle Anwendungen
Digital Twin-Erstellung
LiDAR erfasst bestehende Anlagen für Digital Twins:
Workflow: 1. LiDAR-Scan der Produktionsanlage/Maschine 2. Punktwolke als Basis-Geometrie 3. Konvertierung zu 3D-Modell (Mesh-Generierung) 4. Anreicherung mit IoT-Daten 5. Live-Synchronisation mit Sensordaten
Nutzen: Digitaler Zwilling basiert auf realer Ist-Geometrie, nicht auf CAD-Daten (die oft veraltet sind).
As-Built-Dokumentation
Erfassung des tatsächlichen Zustands nach Installation: - Problem: CAD-Planung ≠ tatsächliche Installation (Änderungen während Montage) - Lösung: LiDAR-Scan nach Inbetriebnahme erfasst As-Built-Zustand - Ergebnis: Exakte Dokumentation für Wartung, Erweiterungen, Umbau
Anwendung: Komplexe Produktionslinien, Prozesstechnik, Anlagenbau.
Dimensionale Vermessung
Präzise Vermessung großer Maschinen und Bauteile: - Qualitätskontrolle: Vergleich Soll-Geometrie (CAD) mit Ist-Geometrie (LiDAR-Scan) - Reverse Engineering: Erfassung existierender Maschinen ohne CAD-Daten - Toleranzprüfung: Dimensionale Abweichungen identifizieren
Vorteil gegenüber manueller Vermessung: Schneller, vollständig, keine Zugänglichkeitsprobleme.
Layoutplanung und Facility Management
Factory Floor Scanning für Planung: - Bestandserfassung: Aktueller Zustand der Produktionshalle - Freiflächen-Analyse: Wo passt neue Maschine hin? - Kollisionsprüfung: Virtuelle Platzierung neuer Anlagen in Scan - Infrastruktur-Planung: Versorgungsleitungen, Zugangswege
Workflow: LiDAR-Scan → Import in Planungssoftware → Virtuelles Layout → Kollisionsprüfung.
AR-Anwendungen (Spatial Mapping)
LiDAR liefert räumliche Daten für AR:
Spatial Awareness: LiDAR erfasst Raumgeometrie in Echtzeit, AR-System kennt Umgebung: - Virtuelle Objekte stehen auf echten Böden - Verdeckung: Virtuelle Objekte verschwinden hinter echten Wänden/Maschinen - Kollisionserkennung: Virtuelle Objekte kollidieren mit realen
AR-Wartungsanwendungen: - Techniker scannt Maschine mit LiDAR-Tablet - AR-System erkennt Maschinengeometrie - Wartungshinweise exakt auf Komponenten positioniert
Anlagenvisualisierung: - Kunde scannt Produktionshalle mit LiDAR-Smartphone - AR-App platziert neue Maschine maßstabsgetreu im Raum - Kunde prüft Platzbedarf und Integration
Datenverarbeitung
Punktwolke zu 3D-Modell
Rohe LiDAR-Punktwolken sind unstrukturiert, müssen verarbeitet werden:
1. Registration (Mehrere Scans zusammenführen): - Überlappende Bereiche identifizieren - Scans in einheitliches Koordinatensystem bringen
2. Cleaning (Bereinigung): - Entfernung von Rauschen und Ausreißern - Löschen von beweglichen Objekten (Menschen, Fahrzeuge) - Segmentierung nach Objekten
3. Mesh-Generierung: - Umwandlung Punktwolke → Polygonnetz (3D-Modell) - Algorithmen: Poisson Surface Reconstruction, Delaunay Triangulation
4. Texturierung: - Anwendung von Fotos auf Geometrie - Ergebnis: Fotorealistisches 3D-Modell
Software: CloudCompare, ReCap Pro (Autodesk), Leica Cyclone, Faro Scene.
Dateiformate
- Punktwolke: .las, .laz (komprimiert), .e57, .xyz
- Mesh: .obj, .stl, .ply, .fbx
- Projektformat: Herstellerspezifisch (Faro, Leica)
Herausforderungen
Reflexionsprobleme
LiDAR funktioniert nicht gut bei: - Transparenten Oberflächen: Glas, Acryl (Laser geht durch) - Stark reflektierenden Oberflächen: Polierter Edelstahl, Spiegel (Fehlmessungen) - Absorbierenden Materialien: Tiefschwarze Oberflächen
Lösung: Kombination mit Fotogrammetrie, spezielle Scanner-Einstellungen.
Datenvolumen
LiDAR-Scans erzeugen riesige Datenmengen: - 1-Stunden-Scan: 10-50 GB Punktwolke - Große Anlagen: Hunderte GB
Handling: Leistungsfähige Hardware, Cloud-Processing, Datenreduktion.
Kosten
Professionelle LiDAR-Systeme sind teuer: - Terrestrisch: 20.000-80.000 € pro Scanner - Handheld: 15.000-40.000 € - Dienstleister: 500-2.000 € pro Tag (Scan-Service)
ROI: Bei häufigem Bedarf (Anlagenbau, Facility Management) schnell positiv.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Unterschied zwischen LiDAR und Fotogrammetrie?
LiDAR: Aktive Messung mit Laser, funktioniert bei allen Lichtverhältnissen (auch Dunkelheit), direkte Distanzmessung, höhere Genauigkeit (mm-Bereich), teuer.
Fotogrammetrie: Passive Bildanalyse, benötigt gute Beleuchtung, berechnet Distanzen aus Bildern, geringere Genauigkeit (cm-Bereich), günstiger.
Wann was? LiDAR für präzise Vermessung, Fotogrammetrie für texturreiche Objekte. Kombination oft best: LiDAR für Geometrie, Fotos für Texturen.
Wie genau ist LiDAR für industrielle Anwendungen?
Terrestrisches LiDAR: 1-3mm Genauigkeit, ausreichend für Anlagendokumentation, Qualitätskontrolle, As-Built-Surveys.
Handheld LiDAR: 10-30mm, geeignet für Facility Management, grobe Layoutplanung, nicht für Präzisionsvermessung.
Mobile LiDAR (iPad/iPhone): 10-50mm, ausreichend für AR-Anwendungen, Raum-Scanning, nicht für präzise Vermessung.
Faustregel: Wenn Genauigkeit <10mm erforderlich, terrestrisches LiDAR. Für AR/VR und grobe Erfassung genügt Mobile/Handheld.
Können LiDAR-Scans für CAD-Modelle verwendet werden?
Ja, aber mit Einschränkungen. Workflow: LiDAR-Punktwolke → Import in CAD (Inventor, SOLIDWORKS) → Manuelle Modellierung über Punktwolke (“Scan-to-CAD”). Automatische Konvertierung (Punktwolke → parametrisches CAD) ist begrenzt möglich bei einfachen Geometrien.
Besser für: As-Built-Dokumentation, Reverse Engineering, Kollisionsprüfung. Weniger geeignet für: Neukonstruktion (parametrische CAD-Modellierung besser).
Wie lange dauert ein typischer Factory Floor Scan?
Kleine Produktionshalle (500 m²): 2-4 Stunden (5-10 Scan-Positionen).
Große Produktionshalle (2.000 m²): 1-2 Tage (20-40 Scan-Positionen).
Nachbearbeitung (Registration, Cleaning, Mesh): 1-3 Tage je nach Komplexität.
Gesamt: 3-7 Tage von Scan bis fertiges 3D-Modell. Bei erfahrenem Dienstleister schneller.
Was kostet LiDAR-Scanning für eine Produktionshalle?
Dienstleister beauftragen: 500-2.000 € pro Tag (inkl. Scanner, Operator, Basisnachbearbeitung). Typisch: 1.500-5.000 € für mittelgroße Halle (inkl. Vor-Ort + Nachbearbeitung).
Hardware kaufen: Terrestrisches LiDAR 20.000-80.000 €, Handheld 15.000-40.000 €. Amortisiert sich bei >10-20 Scans pro Jahr.
Alternative: iPad Pro mit LiDAR (~1.000 €) für einfache AR-Anwendungen und Raum-Scans.
Verwandte Themen
Erfassungstechnologien: - Fotogrammetrie – Bildbasierte 3D-Rekonstruktion - Structured Light Scanning – Projektions-basierte Erfassung - Time-of-Flight Cameras – Depth Sensing - SLAM – Simultaneous Localization and Mapping - 3D Scanning – Allgemeine 3D-Erfassung
Anwendungen: - Digital Twin – LiDAR-basierte digitale Zwillinge - As-Built Documentation – Bestandsdokumentation - Reverse Engineering – Nachkonstruktion - Facility Management – Gebäudeverwaltung - AR Applications – Räumliche AR
Datenverarbeitung: - Point Clouds – Punktwolken-Verarbeitung - 3D-Modell – Mesh-Generierung aus Scans - Mesh Processing – Netzbearbeitung - Registration – Scan-Zusammenführung - Segmentation – Objekterkennung in Scans
Systeme: - Terrestrial Laser Scanning – Stationäres Scanning - Mobile Mapping – Mobiles LiDAR - Aerial LiDAR – Drohnen-basiertes Scanning - Handheld Scanners – Tragbare Systeme - Smartphone LiDAR – Consumer LiDAR
